Bergwerk

Dieter Sperling & Rainer Kamenz

Das Alaun- und Kupferwasserwerk in Groß-Mehßow

1544 meldeten die Herren von Drauschwitz, Gutsbesitzer von Groß-Mehßow, dem Landvogt Graf Albrecht Schlick, daß sie in der Feldmark Groß-Mehßow ein Erdreich gefunden haben, aus dem sie hoffen Alaun und Kupferwasser gewinnen zu können. Zwei Jahre später, 1546, entstand hinter dem Kohlhof ein neues Bergwerk.

Die Landkarte zeigt das Poststraßennetz im westlichen Kreis Calau 1714/23. Es ist die älteste Karte, in der die beschriebenen Dörfer eingezeichnet sind. Westlich von Groß-Mehßow ist gut das „Kupferwasserwerck“ zu erkennen.

Auf der Schenkschen Karte der Niederlausitz von 1757 finden wir westlich von Groß-Mehßow ein Kupferwaßerwerck eingezeichnet. Kupfergewinnung in der Niederlausitz? Weit gefehlt. Kupferwasser ist ein alter Trivialname für Eisenvitriol, ein Eisen-ll-Sulfat. Dieser Name kommt aus dem Erzbergbau, wo man kupfersulfathaltige Gruben- und Hüttenwässer (Zement­wasser, Kupfervitriol) mit Eisenspänen versetzte, um das Kupfer auszufällen. Dabei ging das Eisen als Ei­sensulfat in Lösung.

Aus dem Kupferwasser wiederum gewann man Eisenvitriol als einen wertvollen Rohstoff durch Reinigen und Auskristallisieren. Ein Kupferwasserwerk ist also ein Eisenvitriol- oder Eisensulfatwerk. Eisenvitriol, auch Melanterit, Haar-, Schwarz- oder grüner Vitriol genannt, bildet lauchgrüne, durchscheinende Kristalle, die leicht in Wasser löslich sind und süßlich-herb schmecken. Man verwendete Eisenvitriol als Desinfektionsmit­tel, zur Herstellung rauchender Schwefelsäure (Vitriolöl), als Beize beim Stoffärben sowie in der Indigofärbe­rei zur Reduktion der Indigoküpe. Besondere Bedeutung hatte es jedoch in Verbindung mit Gerbstoffen zur Herstellung von Tinte (Eisengallus-Tinte) und zum Schwarzfärben von Leder.

Alaunerde ist eine braune Erde, die aus Braunkohle, Ton und (oft in Zersetzung befindlichem) Schwefelkies besteht. Aus dieser wurde Alaun gewonnen. Dabei hat man die Alaunerde in Haufen aufgeschüttet und 2-3 Jahre an der Luft verwittern lassen. Dabei bildete sich aus dem Schwefelkies Schwefelsäure und Eisenoxid. Die Schwefelsäure zersetzt den Ton zu schwefelsaurer Tonerde.

Die so vorbereiteten Alaunerze wurden ausgelaugt, wobei man die Lauge verdampfte und sich das Alaun bildete (vereinfachte Darstellung). Sehr eisenreiche Laugen bildeten zunächst Kristalle von Eisenvitriol (Kupferwasser), wodurch viele Alaunwerke auch gleichzeitig Vitriolwerke waren. Beim Verdampfen scheidet sich Eisenoxid (Vitriolschmant) ab, das als Rohstoff für rote Farbe diente.

Alaun diente zur Herstellung von Farben und Farblacken, in der Färberei als Rotbeize, in der Weißgerberei, zum Leimen von Papier, als schwer brennbarer Anstrichstoff, als fäulnishemmendes Mittel, zum Aufbewahren von Fellen, als Zusatz zum Brot (um schlechtes Mehl verwendbar zu machen), als blutstillendes Mittel, als Rasierstein und als Zahnpulver.

In der Literatur des 16.-19. Jahrhunderts finden wir für dieses Werk auch die Bezeichnung Alaunwerk oder Alaunsiederei, was jedoch aufgrund des gewonnenen mineralischen Rohstoffs nicht zutreffend ist.

Insgesamt ist die Quellenlage zu diesem Gewerbebetrieb sehr dürftig. So berichtete BERGHAUS 1854, daß Alaunsiederei bei Groß-Mehßow im 16. Jahrhundert betrieben wurde, was dem Gedächtnis der heutigen Bewohner ganz entschwunden ist . Es sind zwar Angaben über die Besitzverhältnisse und Namen einzelner Alaunsieder sowie die Lage des Werkes in Groß-Mehßow überliefert. Es gibt jedoch kaum Angaben zur Technologie, zu Produkti­onszahlen, zu erzielten Preisen oder zu Beschäftigtenzahlen.

Das Kupferwasserwerk bei Groß-Mehßow in Lehndokumenten des 16./17. Jahrhunderts.

Den ältesten dokumentierten Nachweis dieser Rohstoffgewinnung im Förderraum Calau datiert aus dem Jahr 1544. Am 2. September meldeten die Brüder und Vettern von Drauschwitz dem Landvogt Graf Albrecht Schlick, daß sie in der Feldmark Groß-Mehßow ein Erdreich gefunden haben, aus dem sie hoffen Alaun und Kupferwasser gewinnen zu können. Da sie finanziell nicht in der Lage waren, das Erdreich allein auszubeuten, hatten sie ihre Onkel und Schwager aus der Verwandtschaft, sowie gute Freunde für das Werk gewonnen. Sie erhielten daraufhin zusammen mit ihren Mithelfern das Erdreich, soweit es in der Feldmark lag als Lehn. Der Vertrag, den die Drauschwitz mit ihren Gewerken und Gehilfen abgeschlossen hatten, ist ihnen am 27. Mai 1544 bestätigt worden. Ergänzend hieß es dazu in einer zweiten Eintragung im Homagialbuch am 2. September 1544, daß der Landvogt Albrecht Schlick von Passaun bekundet, daß die Brüder und Vettern von Drauschwitz zu Groß-Mehßow ihm vorgetragen haben, wie sie…

… In Ihrer flur, feltmargk vnd eigenthumb ein Erdreich angetroffen, daraus sie

verhoffe, Alaun vnd Kupferwasser, oder was sonst Got dabei beraten möcht, zu bringen. Aber do sie solche nutzung ins wergk zu bringen vnd anzurichten vnvermugende, So haben sie etliche Ihre ohmen, schweger vnd gutte freunde an sich gebracht vnd vermocht, sich in solch wergk vnd bau neben Inen einzulassen, mit diesem bescheide, das den gewercken vnd iren erben vnd erbnehmen solch erdtreich , so ferre vnd wie sich dasselbige in der Meisnischen flur (Groß-Mehßower Flur) erstreckt, von denen von Drauschwitz vorreicht vnd geliehen solle werden, wie solches der contract, so zwischen beiden theilen derhalben aufgericht, weiter thut besagen…

Lehnzeugen: Hans von Köckritz auf Drebkau, Georg von Zedlitz unser Hauptmann zu Spremberg und Erasmus Günther vom Schreckenberg, unser Kanzler. Homagialbuch I (Lehnregister) 1527 – 1548.

Er beschied ihnen, daß sie ihren gewercken und Iren erben und erbnehmen das gedachte Erd­reich , soweit es sich in der Gemarkung Groß-Mehßow findet, wie sie vertraglich vereinbart hatten, verlehnen dürfen. Gleichzeitig bestätigte und bewilligte der Landvogt den Vertrag. Die Lehnbriefe lassen in der damals üblichen Weise die Nutzung in breitem Spektrum offen, da offenbar noch nicht klar war, was man aus der gefundenen Erde gewinnen könne.

In diesem Falle ging es nicht etwa um eine bergrechtliche Nutzungsverleihung, sondern um eine lehn­rechtliche Genehmigung. Es handelte sich um die Erweiterung des Lehngegenstandes, die Einnah­men bringende Nutzung eines Erdreichs und die Vergabe von Afterlehn bzw. die Mitbelehnung wei­terer Personen.

1546 erschien in Lehnbriefen für die Gebrüder von Drauschwitz unter den Servituten ein neues Berg­werk . Weitere Hinweise tauchten erst wieder im 17. Jahrhundert auf. Am 11. September 1602 und am 24. September 1626 sind für die Groß-Mehßower Gutsbesitzer Hans Georg bzw. Hans Samuel von Drauschwitz Patente ausgefertigt worden, in denen das Bergwerk als Lehngut erschien. Im Lehnbrief von 1626 lautete die Formulierung: …samt dem Bergwerk daselbst und anderen Nutzungen und Besserungen, gesucht und ungesucht unter und über der Erde… Auch diese Lehnbriefe lassen offen, was für eine Erde gewonnen wurde.

Übrigens war es schon damals üblich, solche sulfid- und sulfathaltigen Mineralstoffe, aus denen man Vitriol und Alaun gewinnen kann, als Erze zu bezeichnen. Diese chemischen Stoffe lagen nicht in fertiger Form in der Ausgangssubstanz vor, sondern mußten erst durch komplizierte Prozesse, wie Rotte, Stoffzusätze und Umkristallisieren, in der Alaun- bzw. Vitriolhütte gewonnen werden. Man sah darin eine Parallele zur Verhüt­tung von Erzen bei der Metallgewinnung. In diese Zeit fallen auch die ersten Erwähnungen in der Literatur.

In der zweiten Ausgabe des Werkes De natura fossilium libri X des Georgius AGRICOLA von 1558 wird ergänzend zu den zahlreichen Alaunwerken, die bereits in der ersten Ausgabe erwähnt wurden, genannt: …und am Ufer eines Sees beim Dorfe Meson, das 4 Meilen von der Stadt Senftenberg entfernt liegt.

Um 1570 erwähnt der Görlitzer Rektor Christoph MANLIUS ( U 1575) in seiner Beschreibung der Nie­derlausitz Alaunvorkommen (Alumen) in Miseno majori Samuelis Drausewitii pago ad Caloviam, Im-pensis Sigfridi Promnizii jam pridem costum , zitiert und kommentierend übersetzt von Samuel GROSSER: …man hat ehemals auch bey dem Dorffe Groß-Meissen, ohnweit der Stadt Calow, so zu Manlii Zeiten Herrn Samuel Drauschwitz zugehörte, auf Veranstaltung und Vorschuß Herrn Siegfried, Freyherrn von Promnitz, Alaun gesotten. Auf diese Aussage beziehen sich spätere Zitate aus dem 18. bis 20. Jahrhundert, wie z. B. H. BERGHAUS 1854 eine Alaunsiederei bei Groß- Mehßow und K. HUCKE 1922 bei Groß-Mehßow, 10 km westlich von Kalau, eine Alaunsiederei vorhanden gewesen sein .

Interessanterweise häufen sich nach der Reformation im 16. Jahrhundert in Deutschland Berichte über die Errichtung von Alaun- und Vitriolhütten. In der Zeit davor besaßen die Päpste das Monopol über den Alaunhandel in Eu­ropa. Sie sicherten sich mit Androhungen des Banns und anderer Kirchenstrafen den lukrativen Absatz des in ihren Gruben bei Tolfa gewonnenen Alauns. Mit der Reformation löste man sich aus diesem Abhängigkeits­verhältnis und begann eine intensive Suche nach Alaun- und Vitriolerdevorkommen.

Hinweise in Kirchenbüchern des 18./19. Jahrhunderts

Um 1820 vermerkte der Groß-Mehßower Pfarrer Christian Wilhelm BRONISCH im Kirchenbuch:

Das hiesige Alaunwerk, welches Großer in seinen Denkwürdigkeiten der Lausitz neben dem Muskauer nennt und von Hans Georg Samuel von Drauschwitz gründen läßt, ist, nachdem es in Ver­fall geraten war, von dem ehemaligen Gutsherren, dem Landessyndikus von Walter und Croneck, erneuert und von seiner alten Stelle hinter dem Kohlhofe in die Nähe der Kleinmühle versetzt worden. Aber auch hier gab es nicht die erwartete Ausbeute und es mußte bald eingehen…

Im Kir­chenbuch finde ich erst 100 Jahre später, 1700 unter Friedrich Christoph Truchseß von Reinfelden Spuren vom Dasein dieser Fabrik: 1703 Jacob Putz, herrschaftlicher Vitriolsieder. Neben diesem erschien im Kirchenbuch Ende des 18. Jahrhunderts Johann Gottlob Müller, der Vitriolsieder.

Was nun in Groß-Mehßow im Einzelnen passierte, ist nicht überliefert. Jedenfalls entstand 1546 hinter dem Kohlhof ein Bergwerk. Das heutige letzte Grundstück nach Crinitz zu (Gnerlich, Nr.13) trägt den alten Hofnamen Hüttmann und das Gebiet um das Grundstück herum nannte sich Etablissement Kupferwasser , was auf die Alaunhütte schließen läßt. Hans Georg von Drauschwitz war von 1602 bis 1625 Gutsbesitzer in Groß Mehßow. Möglicherweise kam es um 1602 zu einer (Wieder?)-Belebung des Werkes. Die Verlegung zur Kleinmühle in der Gutsbesitzerzeit der von Walter und Croneck (1748 -1790) kann um 1750 eingeordnet werden.

1703 war Jakob Putz herrschaftlicher Vitriolsieder. 1818 wurden im Kupferwasser 2 Wohnhäuser mit 10 Einwohnern gezählt. Demnach dürfte das Grundstück Nr. 12 auch dazu zählen. In der Separationskarte Groß-Mehßow von 1828 ist das Etablissement Kupferwasser be­reits nicht mehr verzeichnet. Damit läßt sich das Kupferwasserwerk mit hoher Wahrscheinlichkeit loka­lisieren.

Rekonstruktion der Lage der Vitriolwerke von Dieter Sperling. Kartengrundlage sind die Meßtischblätter 2397 (Fürstlich Drehna) und 2398 (Calau), unter Verwendung einer Handskizze des Oberbergamtsassessors Karl Hermann Albrecht Schulz vom Juli 1818 (LHASA Rep. F. 36 II d Nr. 38 – Privat-Vitriol-Werke im Distrikt es OBA Berlin).

Ergebnisse der sächsischen und preußischen geognostischen Untersuchungen 1814 -1818

GRAMER vermerkte 1880 in seinen Beiträgen zur Geschichte des Bergbaus in der Niederlausitz, daß weitere Nachrichten über den Alaunerdeabbau bei Groß Mehßow nichts aufzufinden gewesen sei­en. Die Alauntonbildung, stark mit Schwefelkies durchsetzte Kohlenlette, setze sich nach Drehna und Grünswalde im Kreis Luckau fort.

Im Anhang des Buches verweist GRAMER auf die Gewinnung von Kupfervitriol in Groß-Mehßow auf eine 1814 von Johann Carl Heinrich KADEN erstellten Beschreibung zur petrographischen Charte von einem Theile der Niederlausitz.

Interessant ist der historische Hintergrund, vor dem diese Untersuchungen stattfanden. 1797 wurde Abraham Gottlob WERNER, Professor an der Freiberger Bergakademie, mit der Geognostischen Landesuntersu­chung Sachsens beauftragt. Das war angesichts der aufwendigen Gelände- und Kartierungsarbeiten eine sehr langfristige Aufgabe, in die viele Studenten und Absolventen der Bergakademie einbezogen wurden.

Im Auftrage des Königlich Sächsischen Oberbergamtes Freiberg weilten unmittelbar nach den Napoleoni­schen Befreiungskriegen Wissenschaftler der Freiberger Bergakademie in der Niederlausitz, so der spätere sächsische Berghauptmann Johann Carl FREIESLEBEN zur Erkundung von Raseneisenerzvorkommen im Cottbuser Kreise, der 1809 bis 1815 zu Sachsen gehörte. In dieser Zeit war FREIESLEBEN Faktor der Ei­senhütte Peitz. Johann Carl Heinrich KADEN weilte in unserer Region zu geologischen Untersuchungen. Erst 13 Jahre nach Werners Tod im Jahr 1817 waren die Geländearbeiten im wesentlichen abgeschlossen. 1836 bis 1844 veröffentlichten K. F. NAUMANN und B. von COTTA eine Geognostische Charte des Königreiches Sachsen und der angrenzenden Länder im Maßstab 1:120.000 bestehend aus 11 Blättern.

Als die Niederlausitz nach dem Wiener Kongreß zu Preußen kam, übergaben die sächsischen Bergbehörden einen Teil der Akten, die geognostische Untersuchungen in unserer Region betrafen, an die preußischen Bergbehörden. So kam die Kadensche Akte zum Bergamt Rüdersdorf.

KADEN beschrieb in den §§ 44 und 45 die Kupfervitriol-Erde bei dem Dorfe Groß-Mehßow. Er stellt sie in die Gruppe der brennlichen Fossilien , da sie ebenfalls eine Brennkraft enthält . Sie verbrennt leicht, und wurde ehedem zur Fabrikation von Kupfervitriolöl gebraucht, ist aber seit mehr den 40 Jah­ren nicht dazu benutzt worden.

Auf Blatt 35f der Akte geht er näher auf das Rohstoffvorkommen und die Verarbeitungsstätte in Groß Mehßow ein: Diese Erde, welche in 2 kleinen Partien bei dem Dorfe Groß-Mehßow vorkommt, scheint einige Ellen mächtig zu sein, und ist überall mit Moorerde umgeben, so daß man sie, da sie mit der Moorerde gleiche Formen haben, durch ihre Efflorescien in weißen, salzig schmeckenden Kristallen unterscheiden kann.

Schon seit mehr als 40 Jahren ist diese Erde bekannt, und zur Siedung von Kupfervitriol benutzt wor­den, allein auch sehr bald hat man aufgehört, sie zu benutzen, indem damals Kupfervitriol-Erde gegen die südliche Seite des Dorfes aufgehört hatte, von der gewöhnlichen Güte vorzukommen, so suchte man sie gegen Nord auf, wo es… nicht gut gegangen sei, allein durch den Tod des alten Siedemei­sters sei endlich das Werk in Verfall gekommen, und ein neuer Siedemeister bloß mit Nachteil Kupfer­vitriol hervorbrachte. Um ihrem Gehalt kennen zu lernen, habe ich dem Herrn Professor LAMPADIUS gebeten, sie zu untersuchen, und hier fand derselbe, daß sie Teile Kupfervitriol enthalte.

Das Brandenburg-Preußische Oberbergamt zu Berlin ließ es nicht beim Zusammentragen von Berichten über Bodenschätze in der Niederlausitz bewenden. Es beauftrage seine Mitarbeiter und die des Bergamtes Rüdersdorf mit der Überprüfung der Informationen und zur gezielten Suche nach Bodenschätzen in der Nieder­lausitz. Dabei wurde allen Nachrichten nachgegangen. So auch im Falle des Vitriolwerkes Groß-Mehßow. Im Mai 1818 erhielten der Berliner Oberbergamts-Assessor Karl Hermann Albrecht SCHULZ und der Hütteninspektor der fiskalischen Glashütte Fried­richsthal (bei Kostebrau) Theodor Adolph RÖSCHER den Auftrag, vor Ort eine Untersuchung der ehemaligen Vitriolhütte vorzunehmen. RÖSCHER hatte kurz vorher von einem glaubhaften und sach­verständigen Zeugen eine Nachricht erhalten, daß vor 40 bis 50 Jahren bei Groß-Mehßow ein Eisenvi­triol- bzw. Kupferwasserwerk in Betrieb gewesen sein soll. Es sollte nun erkundet werden, ob es sich um eine Vitriolsiederei oder um eine Vitriolölbrennerei gehandelt habe und ob eine Wiederauf­nahme möglich wäre.

Am 7. Juli 1818 sandten sie folgenden Bericht an das Bergamt Rüdersdorf:

Actum Spiegelhütte, den 7. Juli 1818

Protokoll die gehaltene Untersuchung der ehemaligen Vitriolsiederei bei Groß Mehßow unweit Calau betreffend.

Am gestrigen Tage verfügten sich die Unterzeichneten nach den in der Niederlausitz belegenen Ort­schaften Klein- und Groß Mehßow, um auf die bei Einem Königl. Hochlöbl. Oberbergamte für die Brandenburg-Preußischen Provinzen seitens des Königl. Glashüttenamtes unter dem 30. Mai ao. erstatteten Anzeige, daß dem Vernehmen nach vor 40 – 50 Jahren ein Vitriolwerk dort in Betrieb ge­wesen sei, eine Lokaluntersuchung des Faktums und der näheren Verhältnisse vorzunehmen, wobei sich folgendes als Resultat ergab:

1.) Die Gegend zwischen den Ortschaften Klein- und Groß-Mehßow ist niedrig und flach und wird von einem Torfmoor bedeckt, welches sich nach 1A Stunde hinter Groß-Mehßow bis in einen eingeschlos­senen Winkel erstreckt. Das Torfmoor hat hiernach eine Länge von ca. % Stunden (ca. 2,8 km); seine Breite beträgt mehrere hundert Schritte und ist bald geringer bald größer. Der Torf selbst ist erdiger Beschaffenheit, schwarz und vitriolisch, ohne sichtbare Beimengungen an Schwefelkies. Die Mächtig­keit des Torflagers ist unbekannt, beträgt aber nach einem angestellten kleinen Schürf wenigstens 5 Fuß (ca. 1,60 m). Die Bäche, welche das Torfmoor entwässern, und einige unferne Mühlen treiben, nehmen ihren Lauf sämtlich nordnordöstlich gegen Lübbenau.

2.) Die Benutzung des Vitrioltorfs zur Vitriolfabrikation hat auf 2 unterschiedlichen Punkten stattgefun­den, woselbst die ehemaligen Entnahmestellen noch heutzutage bekannt sind, nämlich nach Aussage eines zu Groß Mehßow wohnhaften Schmiedes war ca. 50 Schritt hinter eben genanntem Dorfe, spä­ter war sie ca. 30 Schritt zwischen beiden Dörfern. Der Grund, warum man die Anstalt in letztere Ge­gend verlegt hat, ist nicht bekannt. Wir erhielten die Aussage, daß der Siedemeister sich nicht auf das Graben des Vitrioltorfs in diesen Gegenden beschränkte, sondern zugleich auf anderen Plänen Vitriol­torf gegraben hatte, woraus man schließt, daß letzterer reichhaltiger gewesen sein muß.

3. Über den Umfang der Anstalt ist so viel bekannt, daß auf jedem Punkt nur eine Siedepfanne in Be­trieb gewesen ist; über den Gehalt des Vitrioltorfes u. a. hat man nichts in Erfahrung bringen können.

4. Besitzer des Grundes ist von Patow24 zu Lübbenau, Klein-Mehßow gehört der Wittwe Paschke, die dort auch wohnt.

5. Besitzer Groß-Mehßow hatte Bewiligung zur Nutzung des Vitrioltorfes verweigert, endlich aber we­gen Teuerung des Holzbrandes ist das Werk eingegangen; erzeugtes Vitriol wurde nach Cottbus ver­kauft.

6. Wie man ferner vernommen hat, lasten auf diesem ehemaligen Werke noch allerhand Abgaben, deren Natur und Belang man nicht hat ergründen können, weshalb man vermutet, daß die jetzigen Besitzer sich zur unentgeltlichen Abtretung desselben gern erstehen würde. Von der Gegend wurde ungefährer Situationsplan angefertigt, Proben der Vitriolerde beigelegt. Röscher & Schulz

Der Magdeburger Apotheker MICHAELIS untersuchte im Auftrage des Oberbergamts die Vitrioltorf-Proben. Es ergab sich ein Gehalt von etwa 0,25 bis 0,5 Prozent, weshalb die Wiederaufnahme der Vitriolerzeugung als nicht lohnend angesehen wurde. Zum Vergleich gab man den Schwefelgehalt der Freienwalder Alaunerde mit 3 Prozent an. Nach HUCKE enthielten für Heilbäder verwendete Mineral­moore Sulfatgehalte von 1,5 bis 16,4 Prozent (Bad Wilsnack, Bad Freienwalde, Bad Saarow und Lu­ckau).

Der Unterschied zwischen den Vitriol- und Alaunerzen besteht im Tonerdegehalt der letzteren. Beide enthalten Eisensulfid (Pyrit). In feuchter Luft oder bei Benetzen mit Wasser zersetzt sich Pyrit durch bakterielle Katalyse zu Eisensulfat und freier Schwefelsäure. Für die katalytische Wirkung benötigt das Bakterium Thiobacillus ferrooxydans einen pH-Wert kleiner als 4.

In Alaunerz verbindet sich die freie Schwefelsäure mit Aluminiumionen zu Aluminiumsulfat. Durch Zugabe eines einwertigen Kations, z. B. Kalium- oder Ammoniumionen, entsteht Alaun. Im allgemei­nen versteht man unter Alaunen ein Doppelsalz, z. B. Kaliumaluminiumsulfat oder Ammoniumalumi­niumsulfat.

Nach zeitgenössischen Berichten bestand eine Vitriolhütte aus einem Rotteplatz, einem Laugensumpf oder Laugenplatz, dem Läuterkasten, der Siedepfanne (meist aus Blei) und den Wachsbänken. Auf dem Rotteplatz erfolgte die Pyritverwitterung, im Laugensumpf löste man aus der Erde das Eisensulfat und die freie Schwefelsäure. Im Läuterkasten ließ man suspendiertes Eisenoxid absetzen und gab zerkleinerte Eisenabfälle zur Bindung der freien Schwefelsäure zu. Nach der Eindickung der Eisensul­fatsole in der Siedepfanne ließ man das Eisensulfat an Holzspänen in den Wachsbänken, abgedeck­ten Holzrinnen, auskristallisieren. Abschließend wurden die Kristalle zerschlagen, gewaschen, bei 30° C getrocknet und in Holzfäßchen verpackt. Das Eisenoxid aus dem Schlamm wurde geschlämmt, getrocknet und gebrannt. Das Produkt wurde als Schleifmittel oder als Farbstoff verwendet.

Das Grundstück Nr. 13 (Mehßower Chronik) trägt den Hofnamen Hüttmann . Hier war der Standort der ehemaligen Kolonie Kupferwasserwerck. Foto: D. Sperling.

Der Cottbuser Dieter Sperling hat diverse historische Beiträge geschrieben, u.a. das Buch Rohstoffgewinnung und Altbergbau im Förderraum Calau, herausgegeben vom Förderverein Kulturlandschaft Niederlausitz e.V.