1800 bis 1900

Gliederung der Siedlungsgebiete in Groß-Mehßow im 19. Jahrhundert. Neben dem Dorf gab es noch mehrere Außensiedlungen.

1800 Am 7. Januar 1800, morgens zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr brennt die Großmühle ab. Nur Stall und Scheune bleiben stehen. Der Wiederaufbau im folgenden Sommer zehrt dermaßen an die Kräfte des Müllers, daß er am 23. Oktober krank wird und wenige Wochen später stirbt.

1811 Am 1. März 1811 begann der Abriß des alten Pfarrhauses, und anschließend wurde mit dem Bau der neuen Pfarrwohnung begonnen. Am 29. September 1812 kann Pastor Koethe seinen Einzug feiern.

Zu Beginn des ungewöhnlich heißen Sommers 1811 wütet am 21. Juni gegen 14.00 Uhr ein starkes Hagelunwetter. Es verwüstet die Felder und Gärten von Tugam fast gänzlich, und trifft Groß- und Klein-Mehßow ziemlich hart. Die Hagelkörner erreichen zeitweise Taubeneiergröße und zerschmettern die Fensterscheiben an der Westseite des Groß-Mehßower Schlosses. Im Dezember 1811 wird erstmals über die Anlegung eines neuen Friedhofes gesprochen.

1812 Der Platz auf dem alten Friedhof (um die Kirche herum) wird knapp, außerdem steigt das Wasser in nassen Jahreszeiten in die ausgehobenen neuen Gräber. Es wird beschlossen, einen neuen Friedhof anzulegen. Der Gutsbesitzer Erasmus Bernhard Baron von Patow stellt der Gemeinde den Groschkenberg kostenlos zur Verfügung. Als Einzäunung wird ein Graben um den Friedhof herumgezogen, und im März 1820 eine Tannenhecke angepflanzt. Die Pflanzen stellt ebenfalls der Gutsbesitzer kostenlos. Der neue Friedhof kann aber nicht gleich belegt werden, weil sich die Einwohner weigern. Keiner will der Erste sein. Am 9. April 1820 wird mit der Beerdigung von Georg Winkler der Friedhof eingeweiht. Er hatte das vor seinem Tod ausdrücklich gewünscht.

1813 Die Zeit der Befreiungskriege gegen Napoleon: Im Februar 1813 werden in Groß-Mehßow, Klein-Mehßow und Radensdorf bayrische Soldaten der mit Napoleon verbündeten Armeen einquartiert. Im Sommer sind dann französische Soldaten in den Dörfern, die den Bauern bei der Ernte helfen. Während Napoleon immer mehr geschlagen wird und sich zurückzieht, campiert 1814 eine Nachhut der russischen Armee in Groß-Mehßow. Es ist eine Abteilung Baschkiren. Nur ihr mohammedanischer Geistlicher kann einigermaßen Ruhe und Ordnung in dieses mit Pfeil und Bogen bewaffnete rohe und ausschreitende Volk bringen. Die meisten Frauen hatten sich vor ihrer Ankunft versteckt.

1819 Im Sommer 1819, nach der Ernte, wird die kleinste der drei Glocken, die niemals geläutet wurde, auf dem Kirchturm vermißt. Die etwa 50 kg schwere Glocke war gestohlen worden. In Verdacht geriet ein reisender Müllerbursche, der Tage zuvor in der Kleinen Mühle arbeitete. Man konnte ihm jedoch nicht mehr auf die Spur kommen, obwohl der Vorfall sofort dem Landrat angezeigt wurde. Vermutlich steckte eine Bande Falschmünzer dahinter, denn noch im selben Jahr wurden in der Senftenberger und Gubener Gegend Falschmünzer entdeckt, die aus Müllern und Müllerburschen bestanden.

1821-1836 Im 19. Jahrhundert kommt es in ganz Europa zu einer umfangreichen Agrarreform. Als Folge werden die Groß- und Mittelbauern aus ihrer persönlichen Leibeigenschaft gegenüber der Gutsherrschaft befreit. Es erfolgt eine Umstellung der Arbeitsverfassung von Fronarbeit auf freie Arbeit und der Bauer wird in die liberale Marktwirtschaft integriert. Außerdem wird eine Separation durchgeführt, indem die Feldmark genau vermessen und die mittelalterliche Feldflur neu geordnet wird. Groß-Mehßow beantragt die Reform 1821. 1828 wird die Feldmark vermessen, 1830/31 erfolgt der Landaustausch und 1836 ist die Reform abgeschlossen. In Klein-Mehßow wird die Agrarreform fünf Jahre früher durchgeführt, 1828 bestätigt und 1831 beendet.

1838 Neubau des heute noch stehenden Gutshauses (Schloß).

1844 Robert von Patow erbt das Gut Groß-Mehßow von seinem Vater Bernhard von Patow.

1867 Eine in Groß-Mehßow durchgeführte Viehzählung ergibt, daß die Bauern der Gemeinde einen Viehbestand haben von 15 Pferde, 5 Esel, 1 Stier, 83 Kühe, 20 Ochsen, 515 Schafe, 116 Schweine und 16 Ziegen.

1874 Einführung der Standesämter. Das für Groß-Mehßow, Klein-Mehßow, Radensdorf und Craupe zuständige Standesamt befindet sich bis zur Auflösung am 31. Dezember 1949 in Schadewitz bei Kemmen.

Für die vier Toten des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 stiftet der Klein-Mehßower Gutsbesitzer Friedrich Wilhelm Otto von Normann eine Gedenktafel. Sein Sohn, Leutnant Hans Wilibald, ist ebenfalls unter den Gefallenen. Die Tafel wird Totensonntag 1874 zwischen der Liturgie und der Predigt der Gemeinde übergeben, nachdem sie an der Ecke der Altarnische an der Seite der herrschaftlichen Loge in der Kirche befestigt wurde.

1878 Viel Regen bringt der Juli 1878, und man befürchtet ein Auftreten der Kartoffelfäule, sowie einen nachteiligen Einfluß auf das Kernobst. Zum Ende des Monats besserte sich dann aber das Wetter. Im selben Jahr werden einschränkende Bestimmungen für stattfindende Kinder-Schulfeste erlassen. Danach ist der Ausschank von Alkohol strengstens verboten. Das Tanzen ist den Jungen und Mädchen nur bei Trennung der Geschlechter gestattet. Besonders streng sind Tanzvergnügungen in Gaststätten verboten. Das Schulfest darf nur im Freien stattfinden, lediglich bei plötzlich auftretenden Regenschauern kann die Schänke aufgesucht werden.

1889/90 Im Winter 1889/90 breitet sich von Osten kommend eine merkwürdige und ansteckende Krankheit über die ganze Erde aus. Sie bringt Husten, Schnupfen, Fieber und Schüttelfrost mit sich. Sie überfällt die Menschen plötzlich und ist plötzlich wieder weg. Man nennt sie Grippe. Anfangs nimmt man die Krankheit nicht sehr ernst, weil sie gutartig verläuft. 1890 schließlich erreicht sie einen bedrohlichen Charakter, da nun auch Lungenentzündung und andere akute Krankheiten dazu kommen, woran schließlich viele ältere Menschen sterben. Auch die Kaiserin Augusta, Frau von Kaiser Wilhelm I., wird am 7. Januar 1890 ein Opfer der Grippe. Im Groß-Mehßower Kirchspiel verläuft sie aber durchweg gutartig, obwohl fast jede Familie von ihr befallen ist.

1890/91 Der folgende Winter (1890/91) ist sehr kalt. Zum Totensonntag, am 23. November 1890, beginnen Schneefall und Kälte, die ununterbrochen bis zum 25. Januar 1891 anhalten. Das Thermometer zeigt in Groß-Mehßow ständig -5 bis -20 Grad, und in Cottbus liegen die Temperaturen sogar noch darunter.

1891 Das Jahr 1891 ist ein Jahr hoher Preise. Sonnabend, den 25. Juli, kostet in Luckau der Sack Roggen (85 kg) 20 Mark. In Calau bekommt der Groß-Mehßower Kossät Pöschke für die gleiche Menge 19 Mark, doch soll der Roggen dort auch bis 21 Mark gehandelt worden sein. Aber schon 1892 fällt der Preis auf 10,42 M und 1893 auf 9,42 M.

1896 1896 werden am Pfarrhaus Baumaßnahmen durchgeführt, und das Haus erhält sein heutiges Aussehen. Das alte Pfarrhaus, 1811/12 durch Köthe einst sich zur Schande gebaut, wie man meinte, war etwa nur halb so groß, bestand also nur aus dem westlichen Teil des heutigen Hauses (16,32 m lang, 10,36 m breit). Mit Ausnahme des 1878 gebauten Eingangsbereiches war die Front zur Straße zu und die ganze Ostseite noch aus Fachwerk. Das Haus sah recht armselig aus, war dünnwändig und bot wenig Platz. Der Zaun an der Straße und der Hofeingang waren verfallen. Durch die Baumaßnahmen wird das kleine Pfarrhaus durch einen Anbau in östlicher Richtung bis zur Grundstücksgrenze erweitert. Dadurch entstehen unten zwei und oben ein neues Zimmer. Die Hälfte des Bodens über dem alten Haus wird nach Norden hin mit einer Mädchenkammer eingerichtet. Die Baukosten belaufen sich auf rund 2900 Mark. Als letzte Schwachstelle ist nun noch die nördliche Fachwerkwand übriggeblieben. Die Arbeiten können aber erst 1913 ausgeführt werden. Dabei werden die Decke und das Dach abgestützt, die alte Lehmfachwerkwand entfernt und eine neue Mauer aus Ziegelsteinen gezogen. Die Kosten, auch für ein paar andere Reparaturen, betragen 900 Mark.

Calauer Kreisblatt 1896.

1897 Am 8. März 1897 kauft der Königliche Oberregierungsrat in Potsdam, Freiherr Richard von Patow, das Gut Groß-Mehßow von seinem Cousin. Er hat am Besitz viel Freude und kümmert sich sehr um Groß-Mehßow. Während Richard von Patow hauptsächlich in Potsdam wohnt, bezieht der Bruder seiner Frau, Oberstleutnant z.D. Krüger-Velthusen, einen Teil des Schlosses. Er kümmert sich u.a. auch um die Teiche. Diese waren seit Jahren verpachtet gewesen und wurden dem Pächter zum 1. Juli 1897 gekündigt. Während der Verpachtung kam den Teichen wenig Pflege zugute, so daß sie in ihrem Umfang immer weiter schrumpften. Der Oberstleutnant läßt die Teiche auf die in der Separationskarte von 1828 eingezeichneten Größe ausbauen und gibt ihnen somit ihre ursprüngliche Größe zurück. Der Erfolg läßt nicht auf sich warten; jetzt wird ein jährlicher Gewinn von ca. 3000 Mark gemacht. Der frühere Pächter erwirtschaftete jedes dritte Jahr nur etwa 900 Mark.

Groß-Mehßow mit Kirche, Pfarrhaus (rechts) und Schule um 1900. Zeichnung: Oberpfarrer Hans Klahre, Triebel/Luckau.

1898 Am Sonnabend, dem 23. Juli 1898, nachmittags bricht über Groß-Mehßow und Tugam ein Hagelunwetter herein. Es nimmt ungefähr den gleichen Hergang wie 1811. Die Unwetterfront kommt aus Richtung Babben und Crinitz, trifft hauptsächlich Groß-Mehßow, Tugam und Groß Jehser, während die seitlich gelegen Dörfer Radensdorf, Klein-Mehßow und auf der anderen Seite Fürstlich-Drehna weniger berührt werden. Da die Erinnerung keines Einwohners bis 1811 zurückreicht, macht das Unwetter, als eine ganz neue Erscheinung, einen gewaltigen Eindruck auf die Menschen. Anfangs sind die Hagelkörner nur erbsengroß, dann erreichten sie die Größe von Haselnüssen und schließlich fallen sie wie Wallnüsse, mit Spitzen und Kanten, vom Himmel. Am meisten leiden Hafer und Gerste, die fast gänzlich ausgedroschen werden. Der Roggen ist zwar schon gemäht und steht in Puppen auf dem Feld, aber um jeder liegt eine Menge der ausgeschlagenen Körner. Obwohl auch die Rüben und Kartoffeln ganz zerfetzt sind, erholen sie sich wieder und der Pfarrer hat eine so gute Kartoffelernte wie noch nie – 160 Zentner auf den Morgen.

1898 werden viele Ackerflächen auf dem Gut Groß-Mehßow drainiert, eine Notwendigkeit in der nassen und quellreichen Feldmark. In Klein-Mehßow wird William Ehrler, ein junger Mann aus Zwickau Besitzer. Als er wenig später Lungenkrank wird, muß er das Gut aufgeben.

Einwohner und Sozialstruktur um 1800

Die Sozialstruktur bzw. die dörfliche Hierarchie in Groß-Mehßow sieht folgendermaßen aus:

  1. Pastor und Gutsherrschaft.
  2. Zwei wohlhabende Handwerker.
  3. Die Kossäten.
  4. Die Büdner und Häusler.
  5. Die Tagelöhner, Hausgenossen, Mägde und Knechte.

Der Pastor steht über allen materiellen Dingen, genießt ein hohes Ansehen und hat im Zusammenhang mit der Kirche eine wichtige Funktion im Dorf. Als geistlicher Würdenträger ist er ein angesehener Mann, dessen Nähe zu Gott ihn über jegliche Zweifel und Hierarchie stellt.

Die Gutsherrschaft steht aus weltlicher und materieller Sicht an erster Stelle im Dorf. Sie gehört allermeist zum Adel, aber auch zum freien Bürgertum, muß nicht immer sehr reich sein, ist aber wohlhabend und auf jeden Fall reich an Landbesitz. Denn von der gesamten Größe der Feldmark Groß-Mehßow (Dorf, Acker, Wiesen und Wald) kann die Gutsherrschaft rund 90 % ihr Eigen nennen. Die restlichen 10 % teilen sich die paar mehr oder weniger armen Landbesitzer. Die Gutsherrschaft ist im Gutsbezirk Groß-Mehßow Staat im Staate. Der Gutsherr ist Träger der Gerichtsbarkeit und mit Polizei- und Regierungsgewalt ausgestattet (Gerichtsherr). Dadurch versteht er sich als Vertreter (Vormund) und Schutzherr über alle Einwohner der Gemeinde, die sich in Erbuntertanen (eigentlich Lassiten, Kossäten), Schutzuntertanen (Büdner und Häusler als Eigentümer) und Hausgenossen (nichteingesessene Einwohner) gliedern. Um diesen Schutz „genießen zu dürfen“, sind sie natürlich zu verschiedenen Leistungen und Abgaben gegenüber ihrem Schutzpatron (in Groß-Mehßow einfach „Patron“ genannt) verpflichtet.

Zwei Handwerker kann man nach der Gutsherrschaft in Groß-Mehßow auf den zweiten Platz setzen, den Müller und den Schmied. Die Müller sind oftmals recht wohlhabend, auch weil meist vor Konkurrenz durch den sogenannten Mühlenbann geschützt, der den Bau weiterer Mühlen in der Umgebung verbietet und die Bauern einer Mühle zuweist. Die Verarbeitung von Metallen war von Anfang an Spezialisten vorbehalten – dem Schmied. Das Geheimnis seiner Herstellung und Bearbeitung wurde bewahrt und über Generationen in Familien weitergegeben.

Die Kossäten seien hier an dritter Stelle der Sozialstruktur genannt, obwohl diese Einordnung in Groß- und Klein-Mehßow zu diesem Zeitpunkt (1800) nicht korrekt erscheint. Denn die 13 Kossäten in Groß-Mehßow und 8 in Klein-Mehßow stehen in einem besonderem Verhältnis zur Gutsherrschaft.

Die Verpflichtung der Kossäten bezieht sich mehr auf ihre Stellung als Mieter (von Haus und Hof) sowie als Pächter (von Acker- und Wiesenland), und das sieht hier in Mehßow so aus: Rein von der Grundstücksgröße betrachtet bewirtschaften sie die größten Bauernhöfe in Groß- und Klein-Mehßow, mit 7 – 12 Hektar in Groß-Mehßow und 10 – 16 Hektar in Klein-Mehßow. Aber! Diese Höfe sind nicht ihr Eigentum, sondern gehören der Gutsherrschaft und die Kossäten können lediglich eine Art Nießbrauchrecht für sich reklamieren, also das lebenslange Recht der Nutzung von Haus und Grundstück und das Erbrecht (Vererbung an Kinder). Die Gutsherrschaft stellt den Kossäten die Grundstücke mit Wohnhaus, Scheune, Stallungen, Inventarien, Garten, Äcker und Wiesen zur Verfügung. Außerdem muß die Gutsherrschaft für alle notwendigen Instandhaltungen aufkommen, also die Gebäude der Kossäten reparieren, Bauholz zur Verfügung stellen, Neubauten vornehmen, den Kossäten Deputat und andere Naturalvergütungen gewähren.

Im Gegenzug haben die Kossäten alle von der Gutsherrschaft festgelegten Dienste auf dem Gut zu leisten und sind zu Geld- und Naturalabgaben verpflichtet. Außerdem hat die Gutsherrschaft in vielen, auch familiären Angelegenheiten der Kossäten ein entscheidendes Wörtchen mitzureden: In der Regel hat der Gutsherr das letzte Wort über Hofnachfolger und Besetzung der Grundstücke. Ohne Erlaubnis der Herrschaft darf die Bauernstelle nicht verlassen werden; für die Heirat muß die Zustimmung des Gutsherrn eingeholt werden; die Kinder müssen Gesindedienste leisten. Frei sind die Kossäten also bei weitem nicht, haben jedoch eine gewisse soziale Sicherheit.

Typische Innengestaltung der Groß- und Klein-Mehßower Häuser der Kossäten, Büdner und teilweise auch der Häusler um 1800. Das Einhaus und die Schwarzküche sind fast vollständig verschwunden – die Lebensqualität hat sich verbessert. Der Stall ist jetzt in einem externen Gebäude untergebracht. Viele Groß-Mehßower Häuser sind in Nord-Süd-Richtung erbaut, wobei das größere Zimmer als Wohnstube dient und auf der Südseite liegt. So hat man nicht nur mehr Licht im Zimmer, sondern die Sonne erwärmt tagsüber die Lehmwände, die dann nachts die Wärme wieder abgeben. Dadurch ist es tagsüber kühl und nachts warm im Haus. Außerdem, weil Lehm Luftfeuchtigkeit schnell aufnehmen und auch wieder abgeben kann, reguliert er automatisch die Feuchtigkeit der Raumluft und sorgt für ein gesundes, wohnliches Klima im Haus. Das Küchenfenster wird gern in Ostrichtung errichtet, um am Morgen frühzeitig Licht beim Zubereiten und Einnehmen dieser wichtigen Mahlzeit des Tages zu bekommen.

Die Büdner und Häusler bilden die vierte soziale Schicht und bezeichnen das gleiche: Sie sind Eigentümer eines kleinen ländlichen Anwesens, mit einem kleinen Haus, einer „Bude“ (Büdner) bzw. einem „Häuschen“ (Häusler). Ihre Ansiedlung seit frühestens dem 16. Jahrhundert in Groß-Mehßow ergab sich aus verschiedenen Gründen: Sei es, benötigte Handwerker ins Dorf zu bekommen, der späteren Landflucht in den Städten gegen zu steuern, oder neue Steuerzahler zu finden, indem ihnen Land verkauft und zugewiesen wurde, das sie erst urbar machen mußten, aber eben Eigentum war. Ihre landwirtschaftliche Fläche ist zu gering, um sich selbst ernähren zu können. Alle üben deshalb einen handwerklichen Beruf aus, wie Schneider, Leineweber, Schuhmacher, Zimmermann, Tischler, Stellmacher oder verdingen sich bei der Gutsherrschaft als Tagelöhner, usw. Beide konnten im Laufe der Jahrzehnte immer wieder etwas Land dazu kaufen oder irgendwie gewinnen (Heirat), um sich zu vergrößern. Der Landbesitz der Büdner und Häusler beläuft sich auf 2 – 10 Morgen (0,5 – 2,5 Hektar).

Seltener sind die Häuser in Ost-West-Richtung erbaut, wie das Haus des Büdners Franke, ….
…das bis zum Abriß in den 1980-er Jahren zuletzt Friedhelm Jankwitz bewohnte und etwa 200 Jahre alt war.

 

 

 

 

 

Der Wanderarbeiter und als Tagelöhner in Groß-Mehßow seßhaft gewordene Johann Wolf ist der kleinste und ärmste Einwohner um 1800 im Ort. Er kann sich nur das nicht mehr übliche Einhaus leisten und bauen.
Das Einhaus der kleinsten Eigentümer Johann und Anna Wolf in Groß-Mehßow um 1800. Sein Grundbesitz ist nur 1 656 m2 groß – 241 m2 sind Haus- und Hofraum, auf dem das Haus steht, 1415 m2 werden Gartenland, wovon 1 205 m2 als Ackerland verbleiben und auf 210 m2 sät er eine kleine Wiese an. Links im Bild das Wohnstubenfenser, der Eingang zur Wohnung, Stalleingang und der Scheueneneingang.
Der Büdner und Zimmermann Martin Zimmermann ist um 1790 der größte und wohlhabendste Büdner in Groß-Mehßow (etwa 25 000 m2 Landbesitz). Als Zimmermannmeister und Baumeister plant Martin Zimmermann den Bau seines neuen Wohnhauses, in Anbetracht der zu erwarteten Kinder, zukunftsorientiert als Zweifamilienhaus mit Auszugswohnung als seinen späteren Alterssitz (rechte Haushälfte). Während die Küche gemeinsam von Jung und Alt genutzt wird, lebt die junge Familie mit den Kindern in der größeren, linken Haushälfte (wärmere Südseite) mit Wohnstube, Schlafkammer der Eltern und beheizter Kinderkammer. Der „Altenteil“ ist räumlich kleiner, mit kleiner Wohnstube, Bettkammer und einer weiteren Kammer. Als Heizung dient ein kleiner Heiz- und Lichtkamin. Eine Backröhre, die durch die Wand hindurch in den Küchenherd geht, erlaubt das Warmhalten von Speisen.

Die Tagelöhner, Hausgenossen, Mägde und Knechte bilden die unterste Schicht. Sie haben überhaupt keinen Landbesitz oder nur etwas Land gepachtet und wohnen im Gesindehaus auf dem Gutshof, im Vorwerk, im Hirtenhaus oder als Mieter („Hausgenossen“) bei den Kossäten. Knechte und Mägde leben unverheiratet in der Hausgemeinschaft der Herrschaft oder bei den Kossäten. Die Hausgenossen, die bei den Kossäten als Untermieter wohnen, sind entweder Angehörige ihres Vermieters oder Fremde. Hausgenossen führen eine eigene Haushaltung in gemieteten Räumen. Sie müssen zum Einzug sich beim Dorfrichter anmelden und ihr Vorleben offen legen. Der Vermieter muß außerdem die Bürgschaft für ihr Wohlverhalten abgeben. Diese Prozedur muß jährlich wiederholt werden.

Dorfleben

Groß-Mehßow besteht aus einer Gemeinschaft von verschiedenen Ständen und diese Gemeinschaft bildet ein wirtschaftliches und soziales Netzwerk. Verpflichtungen, Arbeitsweisen und Lebensstrukturen der Mehßower Bewohner sind durch Gesetze und Regeln festgelegt – Grundlage des Dorflebens.

Vorsteher der Gemeinde ist der Dorfrichter, der von der Gutsherrschaft bestätigt wird; sein Amt ist vererbbar. Der Dorfrichter ist das Bindeglied zwischen Gutsherrschaft und Gemeinde. Aufgabe des Dorfrichters ist es, für eine ordentliche Erbringung der an die Gutsherrschaft abzuführenden Abgaben und Dienste Sorge zu tragen. Außerdem hat er für Ordnung und Sicherheit im Dorf zu sorgen, wozu er über eine niedere Strafgewalt verfügt.

Die Verhältnisse in der Gemeinde, mit allen Rechten und Pflichten der Gemeindemitglieder (Gemeindebürger), sind in einer Dorfordnung festgelegt. Tagelöhner, Mägde, Knechte und Hausgenossen (Mieter bei den Bauern) sind keine Gemeindemitglieder. Sie unterstehen ihrem Herrn und Vermieter. Jedes Mitglied der Gemeinde hat gleiche Rechte und Pflichten. In der Dorfordnung sind geregelt:

  • Gemeindeabgaben und deren Verwendung.
  • Planung und Durchführung der Dorfversammlungen.
  • Handhabung der Feldordnung, Viehhaltung, Hüteweg und Weide.
  • Gottesfürchtiger Lebenswandel, Frieden und Einigkeit, Zucht und Sitte.
  • Ordnung über das Backen, Bierbrauen, Bierausschank, Tabakrauchen, Zusammenkünfte.
  • Feuerlöschwesen.
  • Einhaltung der Vorschriften und Bestrafung bei Übertretung.

Zur Ermittlung der Lebensverhältnisse der Mehßower Einwohner wurden die Kirchenbücher über einen Zeitraum von 30 Jahren (1780 – 1810) näher untersucht und hierbei die Geburten und Sterbefälle im gesamten Kirchspiel genau verfolgt. Das Kirchspiel besteht in jener Zeit aus den Dörfern Groß-Mehßow, Klein-Mehßow, Radensdorf, Schrackau und Tugam. In den drei Jahrzehnten von 1780 – 1810 gab es im Kirchspiel 440 Geburten und 375 Sterbefälle, so daß man von einem Anstieg der Bevölkerungszahlen ausgehen muß. Die Geburten und Sterbefälle lassen sich untergliedern in:

  • 216 Jungen und 224 Mädchen geboren,
  • 8 Zwillingsgeburten, davon 6 eineiige und 2 zweieiige Zwillinge, 1 Zwillingspaar verstirbt gleich nach der Geburt (2 Jungen),
  • 12 Totgeburten,
  • 162 verstorbene Kinder (bis 14 Jahre)
  • 213 verstorbene Erwachsene (ab 15 Jahre)
  • 2 tote Mütter (1 Mutter konnte ihr Kind nicht gebären und beide verstarben. 1 Mutter im Wochenbett verstorben).
Statistik der Sterbefälle im Kirchspiel Groß-Mehßow von 1780 – 1810. Auffallend ist die hohe Kindersterblichkeit bis zum Alter von 14 Jahren. Sie macht 43 % der gesamten Sterbefälle aus, das heißt, nur rund jedes zweite neugeborene Kind erreicht das Erwachsenenalter! Wer das Kindesalter dann überstanden hat, für den stehen die Chancen für eine hohe Lebenserwartung nicht schlecht.
Alterspyramide – Statistik der altersbezogenen Sterbefälle im Kirchspiel Groß-Mehßow von 1780 – 1810 (ohne Kinder bis 14 Jahre). Die höchste Lebenserwartung lag bei den über 60-Jährigen, das sind immerhin 73 % der Erwachsenen.
Wie hoch früher die Kindersterblichkeit zeitweilig war, zeigt dieser Auszug aus dem Kirchenbuch von 1810. Insgesamt gab es in diesem Jahr 26 Tote, davon 16 Kinder (die letzte Seite ist in dem Bild nicht enthalten).

1774 sterben 14 Kinder und es gibt nur 3 „normale“ Todesfälle. PDF zum Herunterladen.

 

Die Mehßower Landschaft 1846. Quelle: Unbekannt.