Mit der zunehmenden Bewirtschaftung der Mehßower Dorfflur und der Entdeckung des Raseneisenstein-Vorkommens in den Babbener Bergen hat man schließlich auch genügend Feldsteine zusammengetragen, sowie den Raseneisenstein abgebaut, um eine Steinkirche bauen zu können. Ursachen waren hauptsächlich die geringe Lebensdauer des Baustoffes Holz, dort, wo es im direkten Kontakt mit dem Erdreich stand. Außerdem Brände und eine gestiegene Einwohnerzahl mit erhöhtem Platzbedarf. Beim Bau der Steinkirche ging man oft so vor, daß die neue Kirche in vergrößerter Form um die alte Holzkirche errichtet wurde, die während der Bauarbeiten in Funktion blieb und erst nach Fertigstellung des Steinbaus abgerissen wurde.
Für Groß-Mehßow kann man vermuten, daß die zweite Kirche bereits aus Stein gebaut wurde, denn die Gegend ist reich an Feldsteinen (Endmoränengebiet der Eiszeit) und dann wäre da noch das Raseneisensteinvorkommen in den Babbener Bergen. Als Bauzeit ist das 14. Jahrhundert denkbar. Für die neue Kirche wurde auch eine neue Glocke gegossen und die kleine, nur etwa 50 kg schwere Glocke aus der alten Holzkirche fand ebenfalls wieder ihren Platz. Die große Glocke gibt es heute noch, die kleine Glocke wurde im 19. Jahrhundert gestohlen. Ebenfalls im 19. Jahrhundert mußte diese erste Steinkirche einem Neubau, der heutigen Kirche, weichen.
So ist wenig von dieser alten Kirche bekannt: Sie befand sich an gleicher Stelle, wie die heutige Kirche, auf einer leichten Geländeanhöhe südlich an der sich von Ost nach West erstreckenden Dorfstraße des langgezogenen Straßendorfes Groß-Mehßow. Die Kirche war ein aus Feldsteinen und Raseneisensteinen aufgemauerter Rechtecksaal mit eingebautem Chor und angebauter Sakristei (und/oder Patronatsloge). Ein zugemauerter Priestereingang mit darüber befindlicher gotischer Bauplastik und der am Westgiebel angebaute Turm, wovon die untere Hälfte aus Raseneisensteinen bestand und die obere Hälfte aus einer Holzkonstruktion. Die Kirche war dieser typische mittelalterliche Feldstein-Raseneisensteinbau, wie man ihn heute noch in vielen anderen Dörfern antreffen kann. Und im Vergleich zur heutigen Kirche war sie auch kleiner, denn in der Zeit ihrer Errichtung lebten in ihrem Einzugsgebiet, dem Mehßower Gebiet, noch nicht so viele Menschen, wie Jahrhunderte später: Neben der kleinen Wasserburganlage des Ritters (Gutsweiler, später Klein-Mehßow) und den dazugehörigen landwirtschaftlichen Gütern der Bauern (Vorwerk?, später Groß-Mehßow) gab es noch verstreut ein paar Einzelsiedlungen (später Radensdorf, Schrackau, Tugam).
Mit Sicherheit wissen wir, daß diese seit Jahrhunderten in Groß-Mehßow stehende Steinkirche sich im 18. Jahrhundert in einem sehr schlechten baulichen Zustand befand, der wohl allgemein auf das damals etwa 400-Jährige Alter zurückzuführen war. Denn von Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, wie das Niederbrennen von Kirchen, ist nichts bekannt. Groß-Mehßow lag abseits von Handels- und Heerstraßen und es dürften sich wohl nur gelegentlich kleine Trupps Söldner hierher verirrt haben.
Im Oktober 1732 wurde der in Wormlage tätige Pastor, Johann Christian Agricola, vom Groß-Mehßower Gutsbesitzer, Christoph Truchseß von Reinfelden, nach Groß-Mehßow berufen. Hier stieß er aber auf Ablehnung durch die Mehßower Gemeinde, die lieber den Sohn des ein Jahr zuvor verstorbenen Pastors Moller als ihren Hirten gesehen hätte. Der 36-Jährige Agricola hatte es Anfangs schwer in Groß-Mehßow: Zwar konnte er ein schönes, neues Pfarrhaus beziehen, das kaum erst 1729 erbaut worden war, fand aber eine baulich miserable Kirche vor und sah eben die ganze Gemeinde gegen sich. So setzte sich Agricola sehr für die Instandsetzung der Kirche ein und blieb nicht erfolglos.
So hat man zuerst 1735 den Kirchturm repariert. Der untere Teil des Turmes war massiv aus Raseneisensteinen gemauert und befand sich noch in einem guten Zustand. Nur der obere Teil, der aus einer Holzkonstruktion bestand, war schadhaft. Diese wurde vollständig abgetragen und neu gebaut. Die Arbeiten verrichtete der Zimmermannmeister Klemick aus Bergen. Im Zuge dieser Instandsetzungsarbeiten dürfte auch der Knopf (Kugel) mit der Wetterfahne erneuert worden sein. In den Knopf wurde ein versiegeltes Kästchen mit einem Schriftstück über die Bauarbeiten, dem Aufsetzen von Knopf und Fahne und Geld hineingelegt. Bei dem Geld handelte es sich um ein Zweigroschenstück, das zur Königskrönung August III. (von Sachsen) 1733 geprägt wurde.
Siebzehn Jahre später, 1752, folgten dann endlich die Bauarbeiten am Kirchenschiff. Die verfallene Kirche wurde umgebaut und auch erweitert. Ob hier zur Finanzierung auch die Mitgift von 2000 Taler beitrug, die die Gutsherrin, Charlotte Eleonora Tugendreich von Nostitz, 1740 mit in die Ehe des Gutsherrn brachte, ist nicht überliefert. Nähere Einzelheiten über die Instandsetzungsarbeiten an Turm und Kirchenschiff sind leider nicht bekannt, da es keine schriftlichen Unterlagen mehr gibt.
Lediglich eine, 65 Jahre später gemachte, kurze Randnotiz von Pastor Bronisch ist noch vorhanden. 1817 notierte er im Kirchenbuch: Die Kirche ist … wie auch die Inschrift an der Seite nach dem Thurm hin besagt, neu gebaut oder vielmehr aus der alten repariert und erweitert im Jahr 1752. Die alte zugemauerte Thür mit der rohen Sculpturarbeit ist jedoch schon bei der alten Kirche vermauert gewesen, und hat wahrscheinlich einer noch älteren katholischen Kirche zum Eingange gedient. C. W. Bronisch, Pfarrer, den 16-ten Januar 1817.
Nach dieser Aussage müßte man annehmen, daß es sich 1752 um einen größeren Umbau gehandelt haben könnte. Vielleicht wurde sogar das Kirchenschiff nach Osten hin etwas verlängert. Die Sakristei für den Pastor (und/oder ist es eine Patronatsloge?) dürfte jedoch ein früherer Anbau sein. Pastor Christian Agricola sein Bemühen um die Kirche und seine eigene Art machten ihn später, in seiner 27-Jährigen Dienstzeit, zu einem angesehenen Mann und Pastor in der Groß-Mehßower Kirchengemeinde.
Vom Kirchturm wurde 1776 der Knopf mit der Wetterfahne vom Calauer Dachdeckermeister Johann Franz Puff abgebaut und zur Instandsetzung mitgenommen. Dabei hat man auch die Schachtel aus dem Knopf geöffnet und den Inhalt begutachtet. Schließlich wurde sie wieder versiegelt und in den Knopf hineingelegt. Knopf und Fahne hat der Dachdeckermeister am Donnerstag, dem 2. Oktober 1777, wieder aufgesetzt. Der jetzige Thurmdecker, 1777 den 2. October, heißt Meister Frantz Puff, Bürger und Schieferdecker aus Calau – so heißt es im Kirchenbuch. Warum man dieses Kästchen und die neuen Informationen über den Kirchbau der jetzigen Kirche, 1863, nicht mehr in die neu angefertigte Kugel hineingelegt hat, ist nicht bekannt. Vergessen?
Schaut man sich die vielen, heute noch vorhandenen, mittelalterlichen brandenburgischen Kirchen einmal etwas genauer an, so stellt man zahlreich Umbauarbeiten in der langen Geschichte dieser Gotteshäuser fest. Dazu zählen, zugemauerte Eingänge und Fenster, vergrößerte Fenster, verlängerte Kirchenschiffe, Anbauten, usw. Würde die alte Groß-Mehßower Kirche heute noch stehen, könnte man an ihr die gleichen Umbauarbeiten nachvollziehen. Ein gewisser geschichtsträchtiger Verlust ist ihr Abriß schon, bautechnisch und vom ständig gestiegenen Platzbedarf jener Zeit aus betrachtet, aber scheinbar unvermeidbar.
Die Wächterfiguren
Etwas Interessantes hatte diese alte Kirche zu bieten, das man an der heutigen Kirche auch noch bewundern kann: Es sind die Wächterfiguren über dem Priestereingang.
In dem romanischem Türbogen befanden sich fünf in Raseneisenstein gearbeitete Figuren (romanische Bauplastik). Während sich die vier seitlichen nicht völlig sicher deuten lassen, befindet sich ganz oben ein Gesicht. Die Kirchen in Gahlen bei Calau, Riedebeck bei Luckau, die Georgenkirche in Luckau, die Kirche Zwochau bei Delitzsch und andere haben ähnliche Gesichter in ihren Mauern.
Diese Figuren werden unterschiedlich gedeutet. Von Götterbildern der Germanen und Slawen ist die Rede – wahrscheinlicher ist aber, daß es sich bei den Gesichtern um Fratzen des Teufels handelt, die, oftmals an Seiteneingängen christlicher Kirchen angebracht, als abschreckende Wächterfiguren dienten.
Alle im Mittelalter hier erbauten Kirchen waren katholische Kirchen, für die katholische Liturgie eingerichtet, mit zum Beispiel getrennten Räumen und Altären für die Priester und dem Volk (Gemeinde). Obwohl im Zeitalter der Gründung unserer Kirchen bereits schon rückläufig, achtete man auf eine strikte räumliche Trennung von Priester und Laien (Gemeinde) in der Kirche. Die Gemeinde im Saal blickte auf „ihren“ Altar, dem Kreuzaltar, den sie auch betreten durfte. Dahinter befand sich die „Chorschranke“, in Form einer kleinen Barriere aus Holz oder Stein. Es schloß sich der Chor an, der Aufgabenbereich des Priesters und anderer Geistlicher, der für das Volk tabu war. Hier stand auch der Hauptaltar.
Diese räumliche Trennung von Geistlichen und Volk führte auch dazu, daß der Prediger nicht gemeinsam mit dem Volk die Kirche betrat, sondern einen separaten Eingang, den Priestereingang benutzte. An sehr vielen mittelalterlichen Kirchen kann man heute noch den Priestereingang nachvollziehen, der aber überall nach der Reformation und der Umwandlung der katholischen Kirche in eine evangelische Kirche ab dem 16. Jahrhundert bedeutungslos und zugemauert wurde.
An der alten, 1862, abgebrochenen Groß-Mehßower Kirche ließen sich 3 Eingänge vermuten: Am Turm ein Eingang, an der Nordseite vom Schiff ein Seiteneingang und den Priestereingang. Da die Kirche sich nicht, wie in manch anderen Dörfern, auf dem Dorfanger befindet und daher von beiden Seiten begangen wird, sondern mit ihrer Nordseite am Straßenrand des Straßendorfes Groß-Mehßow steht, dürfte sich an ihrer Südseite kein Eingang befunden haben. Denn dieser wäre nur umständlich zu erreichen, indem man um die Kirche herum läuft. Nach Kirchenbuchauszügen ist ziemlich sicher, daß sich über der Tür des Priestereingangs diese 5 in Raseneisenstein gearbeiteten Figuren befanden. Diese Tür war vor dem Teufel besonders zu schützen, befand sich doch dahinter die heiligste Stelle der Kirche – der Altar.
Zu aller oberst befand sich ein Gesicht (eine Teufelsfratze?), das die Kirche vor dem Teufel bewachen und ihn abschrecken sollte, indem man sinnbildlich dem Teufel den Spiegel vorhalten wollte, damit er sich erschreckt und verschwindet. Links und rechts in dem Türbogen, nach unten laufend, befanden sich dann jeweils zwei weitere Figuren. Sie scheinen christliche Geschichte bzw. christliche Symbolik (oder Fabelwesen) darzustellen und im Ensemble mit der Teufelsfratze die Abwehrhaltung der Kirche gegen das Böse verstärken zu wollen. Die Gleichmäßigkeit in der Größe und der Bearbeitung dieser Figuren mit ihrem Stein-sockel deutet eher auf eine gezielte Anfertigung für einen Türeingang hin (romanische Bauplastik), als daß sie aus einem slawischen Kultplatz stammen könnten.
Nach der kirchlichen Reformation im 16. Jahrhundert und der daraus folgenden Umwandlung der katholischen Kirche in eine evangelische Kirche, war auch der Priestereingang überflüssig geworden und wurde zugemauert. Als man nun 1862 – 1864 die alte Kirche abbrach und die heutige Kirche erbaute und auch sämtliches wieder verwendbare Baumaterial einsetzte, wollte man diese Plastiken nicht einfach wegwerfen und zierte damit das Portal am Turm der neuen Kirche. Natürlich ist der nun gotische Türbogen um einiges größer (schon durch die Doppeltür) als der alte romanische Türbogen über der kleinen Priestereingangstür. Dadurch kommen sich die vier Plastiken an den Seiten etwas verloren und unbedeutend vor, während das Gesicht doch recht deutlich wirkt.