Die Mehßower Landschaft und die Braunkohle
Vom mengenmäßigen Vorkommen her und im 20. Jahrhundert von wirtschaftlicher Bedeutung stand die Braunkohle an erster Stelle. Besonders in der DDR, die auf Grund von Devisenknappheit am internationalen Ölgeschaft nicht teilnehmen konnte, bildete die Braunkohle durch ihre Verstromung eine wichtige Lebensgrundlage des Staates. Als Folge des 1957 beschlossenen DDR-Energieprogramms entstanden die Braunkohlenkraftwerke Lübbenau (1957) und Vetschau (1960). Damit verbunden war die Erschließung großräumiger Tagebaufelder in den Kreisen Calau und Luckau.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, und seit 1959 in unserer Region intensiver, breitet sich der Braunkohlebergbau aus, fraß und frißt sich wie ein Krebsgeschwür in die Kulturlandschaft der Niederlausitz. 1957 begannen die Entwässerungsarbeiten für den geplanten Tagebau Schlabendorf-Nord. 1959 wurde der Tagebau dann aufgeschlossen, der im Verlauf von knapp zwei Jahrzehnten eine Fläche von 2 500 Hektar beanspruchte. Die geförderten etwa 137 Millionen Tonnen Kohle dienten infolge geringer Qualität (hoher Schwefel- und Aschegehalt) ausschließlich als Kesselkohle für das ehemalige Kraftwerk Lübbenau. Der mit zwei Brücken betriebene Tagebau zwang zur Verlegung von Wegen, Straßen und Gewässern (Wudritz, Schrake) und zum Abriß der Dörfer Boschwitz (1960), Stoßdorf (1963/64) und Tornow (1967). Als nächster Tagebau wurde zwischen 1962-64 Seese-West aufgeschlossen. Hier wurden 2 900 Hektar Land vernichtet und von 1963-78 etwa 214 Millionen Tonne Kohle gefördert. Die Dörfer Seese, Kückebusch, Vorberg und Schönfeld mußten weichen.
1968 – noch ist der Bergbau kilometerweit weg, das Ächzen, Quietschen und Poltern der Tagebautechnik hört man nicht in der Mehßower Landschaft – für die Menschen ist der Tagebau (noch) kein Thema. Als sich aber 1968 ein Bohrtrupp hinter dem Großteich, im Tannenbusch „verirrt“, kommen erste Spekulationen auf. Mit einem Dieselaggregat pumpt man Wasser durch Beregnungsrohre aus dem Hällerteich zur etwa 1,1 km entfernten Bohrstelle. Auch der Bau eines Wasserwerkes in Schrackau und dessen Inbetriebnahme 1966 scheint „verdächtig“.
Aber erst in den 1970-er Jahren rückt dann der zukünftige Tagebau so richtig ins Bewußtsein der Menschen: Hiobsbotschaften machen die Runde: Abriß zahlreicher Dörfer nördlich von Drehna, Abriß der Wüsten Kirche und des Landschaftsparks in Drehna. Und, nach der Jahrtausendwende schließlich auch der Abriß Groß-Mehßows. Inzwischen verweigerte behördliche Baugenehmigungen bzw. Bauen nur unter Verzicht auf Entschädigung beim Abriß Groß-Mehßows bestärken die sich wie ein Lauffeuer verbreitenden schlechten Nachrichten.
Mit dem geplanten Auslaufen der Tagebaue Schlabendorf-Nord (1977) und Seese-West (1978) mußten rechtzeitig neue Tagebaue aufgeschlossen werden, um eine reibungslose Versorgung der Kraftwerke Lübbenau und Vetschau zu gewährleisten. Schlabendorf-Süd und Seese-Ost wurden die Nachfolger. Während Seese-Ost für unsere Region uninteressant war, kam der Tagebau Schlabendorf-Süd der Mehßower Landschaft nicht nur bedrohlich nahe, sondern knabberte auch schon an der Mehßower Landschaft und führte zu Beeinträchtigungen im Wasserhaushalt der Landschaft.
Die Arbeiten begannen 1972 mit der Vorbereitung der Entwässerung, also der Grundwasserabsenkung. Am 1. September 1975 erfolgten dann offiziell die Aufschlußarbeiten südlich von Zinnitz und am 1. Dezember 1976 konnte bereits die erste Kohle gefördert werden. Ab 1977 war der neue Tagebau dann voll in Betrieb mit zwei Abraumförderbrücken F 34. Bis zur Einstellung im April 1991, als der letzte Kohlezug den Tagebau verließ, wurden 171,1 Millionen Tonnen Kohle gefördert und dafür 843,3 Millionen Kubikmeter Abraum bewegt. Der Tagebau beanspruchte 3 292 Hektar Land, und ihm fielen die Dörfer Gliechow, Pademagk, Stiebsdorf, Presenchen und Wanninchen zum Opfer.
Der Preis für diese Energiepolitik sind über 9 600 ha zerstörter Kulturlandschaft und Kulturdenkmäler, der Abriß von 12 Dörfern und weiteren Ortsteilen, mit einer Umsiedlung von 2 100 Einwohnern. Im gesamten Lausitzer Braunkohlenrevier wurden von 1924 (erster Abbruch eines Dorfes) bis 1993 77 Ortschaften abgerissen und 14 466 Einwohner umgesiedelt. Die meisten Dörfer, nämlich 49, fielen von 1974 bis 1989 den Tagebauen zum Opfer. 1990, im letzten Jahr der DDR, arbeiteten hier 17 Tagebaue mit über 55 000 Beschäftigten.
Pläne für weitere Abbaufelder nach dem Jahr 2 000 lagen bereits in den Schubfächern: Im ehemaligen Bezirk Cottbus sollte in 21 Tagebauen das schwarze Gold abgebaut werden; so unter anderem Schlabendorf-Mitte (1989-2002), Crinitz-West und Crinitz-Ost (2001 – 2026), Luckau-Süd (2006-31), Beuchow (2026-33) und Radden (2033-46).
Der Tagebau Crinitz-Ost sah auch den Abriß von Groß-Mehßow (Kohleflözstärke 3-4 m) ab etwa 2020 vor. Das Umsetzen all dieser Tagebauplanungen hätte noch einmal einen gravierenden Einschnitt in das Landschaftsgefüge der Lausitz zur Folge gehabt. Besonders tragisch wäre der Verlust bei Gebieten, die auf Grund ihrer Besonderheiten unter Schutz gestellt wurden. So war vorgesehen, neun Naturschutzgebiete und sieben Landschaftsschutzgebiete vollständig den Tagebauen zu opfern. Durch die Vernichtung solcher Schutzgebiete wären für die Lausitz typische Waldgesellschaften (Kiefern/ Traubeneichenwald, Sumpfporst/Kiefernwald) und einige höchst wertvolle Einzelkomponenten der Naturausstattung im Lausitzer Tiefland verloren gegangen. Parallel mit der Zerstörung der Kulturlandschaft geht die Vernichtung kulturhistorisch wertvoller Bauten bzw. Denkmäler einher.
Der Abriß der Wüsten Kirche und die teilweise Zerstörung der Parkanlagen in Fürstlich-Drehna sind ein typisches Beispiel aus unserer unmittelbaren Umgebung. Weitere Verluste sind die Kirchen in Vorberg, Seese, Schönfeld, Tornow, und Pritzen. Und folgen sollten die Kirchen Schlabendorf, Sallgast, Saßleben, Reuden, Kalkwitz, Annahütte, Dollenchen…
Das Ende der DDR 1990 beendete vorerst für einige Jahre auch diesen Raubbau. Weltweit steigende Rohstoffpreise zu Beginn des 21. Jahrhunderts machten allerdings auch die Kohle wieder attraktiv, und der Abbau dieses Rohstoffs mit der folgenden Zerstörung der Natur und dem Lebensraum der Menschen ging in eine neue Runde.
In einer Studie des Wirtschaftsministeriums des Landes Brandenburg von 2007 wird der mögliche Aufschluß des Tagebaus Crinitz/Sonnewalde behandelt, ähnlich, wie er schon in der DDR im Gespräch war. Allerdings sollen diesmal die Gemeinden wie Inseln erhalten bleiben und nur das natürliche Umfeld der Menschen, die Wald- und Feldfluren völlig zerstört werden.
Der Tagebau Schlabendorf-Süd beanspruchte und zerstörte etwa 322 Hektar der Gemarkung von Fürstlich-Drehna. Das ist etwa ein Drittel der Feldmark. Von der Mehßower Landschaft wurde nur ein Bruchteil vom Tagebau erfaßt: Lediglich 42 Hektar fielen ihm auf der Tugamer Feldmark zum Opfer, 32,7 ha verschwanden im späteren Restloch, das heute den Drehnaer See bildet.
Während die Wunden in der Landschaft langsam verheilen, wirkte die weit über die Tagebaue hinausreichende Grundwasserabsenkung noch Jahre nach. In Groß-Mehßow entstanden durch den Grundwasserentzug Schäden an den Häusern – die Klein-Mühle mußte sogar gänzlich abgerissen werden, weil sie auf Torfboden stand, der sich durch den Wasserentzug veränderte. Glücklicherweise unberührt blieben jedoch die Teiche und Wälder. Der Brasenteich, der Sandteich und die Groß-Mehßower Fischteiche sind Stauräume natürlicher Wasserzuführung über wasserundurchlässigen Böden (Tonschichten). Im Endmoränengebiet nördlich von Babben und Schrackau, an den Unterhängen der Babbener Berge des Lausitzer Grenzwalls, erfolgt die Grundwasserneubildung. Das Niederschlagswasser versickert nur oberflächlich und fließt über eine große, knapp unter der Erde liegende Tonschicht zu den Groß-Mehßower Teichen und zum Dorf.